BEWUSSTE ATMUNG

Bewusste Atmung.

Eine bewusste und entspannte Atmung ist der Schlüssel für körperliches und psychisches Wohlbefinden. Sie ist für ihre subtile wie eindringliche Wirkungsweise seit Jahrtausenden bekannt. Auch heute ist sie ein zentrales Werkzeug für die eigene Gesundheit, innere Klarheit, Selbsterkenntnis und Lebensveränderung. Auf körperlicher Ebene ist sie die einzige Stoffwechselfunktion, auf die wir bewusst Einfluss nehmen können - das birgt einige Chancen.

 

Atemmuster.

Gefühle sind ein spontanes Geschehen, an denen wir als ganze Person mit unseren Erfahrungen und sprachlichen, psychischen, kinästhetischen und imaginativen Fähigkeiten beteiligt sind.

„Ob uns in einer bedrohlichen Situation der Atem stockt“ oder uns „etwas die Kehle zuschnürt“, ob wir die „Zähne zusammen beißen“ oder einen "Frosch im Hals" haben, immer ist etwas Psychisches gemeint, das sich sprachlich oder Körper-Organ-bezogen ausdrückt. Atemmessungen haben die in der Umgangssprache enthaltene Einsicht über den Zusammenhang von Gefühl und Atmung bestätigt.

 

Entwicklung der Atemmuster.

Wenn wir ein Baby beobachten, sehen wir, wie es entspannt und tief atmet. Beim Ein­atmen wölbt sich sein Bauch, beim Ausat­men senkt er sich wieder. Die Lunge füllt sich vollständig mit Luft. Der Atem fließt frei. Wenn ein Baby schreit, schreit es von Kopf bis Fuß und wenn es lacht, lacht jede Stelle seines Körpers mit. Es zeigt alle seine Gefühle und hält keinen Impuls zurück. Es ist der Einheit sehr nahe, die wir Erwachsenen anstreben, nach der wir uns sehnen.

 

Viele Menschen verlernen das natürliche Atmen auf Grund der Lebensbedingungen und begrenzenden Einstellungen (Glau­benssätze), mit denen sie aufwachsen.

 

Dazu ein Beispiel:

Ein kleines Kind weint, doch seine Mutter fordert es auf, mit dem Weinen aufzuhö­ren. Wie kann das Kind der Aufforderung seiner Mutter gerecht werden? Dadurch, dass es seinen Atem anhält und gleich­zeitig eine Stelle in seinem Körper an­spannt. Denn nur so nimmt es sein Ge­fühl nicht mehr wahr und entzieht sei­ne Aufmerksamkeit dem, was es zum Wei­nen gebracht hat. Das Kind nimmt wahr, dass es aus irgendeinem Grund nicht ange­messen ist, in dieser Situation zu weinen.

 

Wenn wir den Atem anhalten oder sehr flach atmen, nehmen wir unsere Gefühle nicht mehr so deutlich wahr. Im Laufe der Zeit wird es all­mählich zu unserer festen Gewohnheit, nicht zu weinen oder nicht wütend zu wer­den. So lernen wir schon als Kinder, die Kontrolle zu behalten, indem wir unse­ren Atem einschränken. 

 

Atemintegration.

Bewusstheit über den eigenen Atemfluss und spezielle Atemtechniken fördern die Einheit und Gesundheit von Körper und Geist. Besonders in Zeiten starker Belastung, Stress und emotionaler Krisen ist die bewusste Atmung ein guter Weg, die eigene Mitte und Ausge­glichenheit zu stärken und inneres und äußeres Wachstum zu unterstützen.

 

Der Atem als Energie­quelle.

Der physiologische Aspekt des Atemvorgangs in unserem Körper:

Biologisch wird der Körper mit Energie ver­sorgt und es werden Ablagerungen und Gifte verbrannt und ausgeschieden. Je wirksamer wir atmen, desto frischer und gesünder bleiben die Zellen unseres Körpers.

Physiologisch dient die Atmung dem Gas­austausch, der Aufnahme von Sauerstoff und der Abgabe von Kohlendioxid. Die Körperzellen benötigen Sauerstoff zur Verbrennung von energetischen Substan­zen (Zucker, Fett) also zur Gewinnung von all der Energie, die der Körper für Bewe­gung, eine konstante Körpertemperatur und seinen Stoffwechsel braucht.

Die Sauerstoffaufnahme erfolgt in der Lunge und wird über den Blutkreislauf zu den Körperzellen transportiert. 

 

Auf der geistigen und psychischen Ebe­ne ist der Atem Träger von Lebensener­gie (Prana). Durch das Ein und Aus der Atembewegung sind wir mit dem Rhythmus, dem Pulsieren des Lebens verbunden. In der Art und Weise, wie wir den Strom des Lebens in uns aufnehmen und wieder loslassen, spiegeln sich viele unserer Gedanken und Einstellungen zum Leben. Indem wir anders atmen, le­ben wir anders. Über den Atem können wir unsere Emo­tionen beeinflussen. 

 

Atmung ist mehr als eine bloße Körper­funktion. Durch den wechselseitigen Rhythmus des Ein- und Ausatmens sind wir mit dem Pulsieren alles Lebendigen verbunden. Die Polarität, die wir außen z.B. mit dem Wechsel von Tag und Nacht er­fahren, erleben wir durch das Ein- und Ausatmen innen, tief in uns, und zwar ständig. Der Atem ist unser ständiger Be­gleiter und wird uns ein wahrer Freund, wenn wir lernen, ihn willkürlich, bewusst einzusetzen.

 

Integratives verbundenes Atmen.

Durch die bewusste Verbindung der Einat­mung mit der Ausatmung - in einem ent­spannten Rhythmus - werden Atemhemmungen wahrnehmbar. Dieses verbundene kreisförmige Atmen lenkt die eigene Aufmerksamkeit vollständig auf die Gegenwart in unserem Körper und hilft uns, mit dem Bewusstsein ganz in der Gegenwart und im Körper anwesend zu sein. Damit entsteht ein Kontakt mit unse­rem körperlichen Gefühl und den damit verbundenen Gedanken und Emotionen. Der verbundene Atem bringt das hervor, was gerade ist und macht es uns in dem Moment bewusst.

 

Jede Einzelheit im Körper wahr­zunehmen und dabei vollkommen ent­spannt zu sein, bedeutet "JA" zu sagen zu dem, was ist und es urteilslos anzunehmen. Dank der aufmerksamen Wahrneh­mung jeder Einzelheit kann das in Liebe wieder angenommen werden, was früher abgelehnt und abgewertet wurde. Dieses Annehmen ist ein aktiver innerer Vorgang.

 

Dann entsteht Integration, ein zentraler Begriff der Integra­tiven Atemtherapie. Durch die bewusste Aufmerksamkeit auf die Atmung identifi­zieren wir uns nicht mehr mit den vorbei­kommenden Gedanken und Gefühlen. Dann beobachten wir uns selbst aus der Perspektive eines bewussten Ichs. So werden wir innerlich immer sicherer, um vergangene schmerzliche Erfahrungen zu integrieren. Tiefe Gefühle wie Frieden und Glück werden wie­der spürbar, wenn wir unsere einschränkenden Gedanken aufgeben. Sowohl geistig als auch körperlich lösen sich die Blockaden auf und wir können uns dem Prozess anvertrauen. Die Kraft (Energie), die mit den Urteilen und Emotionen blockiert war, wird wieder frei­ gesetzt. Dadurch entstehen für die jetzige Lebenssituation angemessene Wahlmöglichkei­ten.

 

Die zwei Aspekte der Atmung.

Einsatzmöglichkeiten der Atemtherapie

Der Einsatz des bewussten At­mens in der Psychotherapie hat zwei scheinbar gegensätzliche Funktionen.

 

Aktivierendes aufdeckendes Atmen (den Sympathikus ak­tivierend):

Sollen tiefer liegende Gefühle in Bewegung gesetzt werden, so ist dies vordringlich durch verstärktes und beschleunigtes Atmen zu erreichen (Betonung auf dem Einatmen). Diese Form dient insbesondere dann, wenn das Entwicklungsproblem in der Gefühlshemmung liegt, um den Zugang zu wirklichen Ge­fühlen zu öffnen. Bei manchen Formen der Depression, die durch Antriebsmangel gekenn­zeichnet sind, kann verstärkte Atmung den Energiepegel und damit das subjektive Wohlbe­finden heben.

 

Entspannendes-beruhigen­des Atmen (den Parasympa­thikus aktivierend):

Liegen traumatische Wunden und Verletzungen offen, so hilft das Atmen, zur Mitte, zur inneren Ruhe zu finden und zu entspannen (Betonung auf dem Ausatmen). Wenn z.B. Un­ruhe, Angst und Stress vorlie­gen, hat sich die entspannende Form der Atemarbeit bewährt, die hilft, zur Realität im Körper und zu feineren Körperempfindungen zu finden.

 

Ganzheitlich integrative Atemtherapie ba­siert auf spiritueller Psycholo­gie und den Traditionen der humanistischen und transper­sonalen Psychologie. Der Schwerpunkt liegt auf dem in­tegrativen verbundenen At­men. Kombiniert mit Metho­den wie Voice Dialogue, Körperbewusstsein, systemische Familientherapie, Basis­techniken des NLP, Massagen, Beziehungs- und Energiearbeit ist sie eine Therapieform, die Bewusstseinsprozesse beglei­tet, die zur Integration im All­tag führen.

 

Die körperlichen Auswirkun­gen des bewussten Atmens:

  • Anregung des Stoffwechsels
  • Erhöhung des Sauerstoffpe­gels
  • Stärkung der Beckenboden-, Bauch- und Brustmuskulatur
  • Regulierung der Verdauung
  • Aktivierung der Körperdrü­sen
  • Abbau von Abfallstoffen
  • Tiefe Entspannung
  • Stärkung der körpereigenen Abwehrkräfte
  • Unterstützung des Heilungs­prozesses
Die geistig-seelischen Aus­wirkungen des verbundenen Atmens:
  • Befreiung von alten Glau­bensmustern
  • Gefühle von Ekstase und Glücklich sein
  • Atembefreiung (Atem geht von selbst)
  • Geistige Entspannung
  • Gefühle von Geborgenheit und Frieden
  • Bewusstsein seines wahren Wesens
  • Klarheit und gestärkter Wil­le
  • Leichtigkeit im Denken und im Leben
  • mehr Lebensfreude
  • Vertrauen in den Fluss des Lebens
  • Eingebundenheit in eine hö­here Ordnung
  • Liebe fließen lassen
Alle alten Sprachen verwenden für Atem dasselbe Wort wie für Seele oder Geist:
Im Lateinischen heißt "Spirare" atmen und "Spiritus" Geist, ein Wortstamm, den wir in dem Wort Inspiration wiederfinden. Dieses bedeutet wörtlich Einhauchen, was mit Einatmen und Hineinnehmen untrennbar verbunden ist. In der indischen Lehre ist der Atem Träger der eigentlichen Lebens­kraft, die Prana genannt wird. In der bibli­schen Schöpfungsgeschichte wird uns er­zählt, dass Gott dem geformten Erdenkloß seinen göttlichen Odem einhauchte und so den Menschen zu einem lebendigen Seelenwesen machte.
Durch dieses Bild sind wir dem Geheim­nis des Atems schon sehr nahe:
Der Atem gehört nicht zu uns, noch gehört er uns. Der Atem ist nicht in uns, sondern wir sind im Atem. Über den Atem sind wir ständig verbunden mit etwas, was jenseits des Geschöpften, jenseits der Form (des materiellen Körpers) ist. Wir können es er­fahren, indem wir uns ihm öffnen und ihn durch uns hindurchfluten lassen.

Die erste Handlung in unserem Leben ist das Einatmen, die letzte das Ausatmen. Dazwischen spielt sich unser ganzes Leben ab.

Je freier wir atmen, desto freier sind wir in unseren Gefühlen und unserem Handeln.

Die Einatmung ist wie eine Spannung, die wir zum Handeln brauchen, die Ausatmung eine Ent-Spannung, die wir nach dem Handeln benötigen.

Der Atem ist die Nabelschnur, durch die dieses Leben durch uns hindurch fließt und er sorgt dafür, dass wir in dieser Verbindung bleiben.

Jedes Gefühl ruft eine Empfindung in unserem Körper hervor und ist mit dieser bestimmten Körperstelle verbunden.

Integration bedeutet: bewusst wahrzunehmen, dass ich größer als mein Gefühl bin und es so als einen Teil von mir bei mir tragen kann.